Marokko aus der Mitte

Wir sind jetzt über zwei Monate in Marokko und insgesamt dreieinhalb Monate unterwegs. Und haben schon ein bisschen was erlebt. Nicht zu viel, wir reisen langsam…

Die Anreise durch Europa war nicht besonders erwähnenswert. Es war kalt und regnerisch. Wir sind trotzdem ab Bordeaux die Atlantikküste abgefahren, haben uns konsequent von Autobahnen ferngehalten, sogar von Fernstraßen, und sind über die Dörfer geeiert. Deswegen hats wohl auch vier Wochen gedauert…

In Südspanien (Andalusien) haben wir uns zwei Wochen am Strand ausgeruht. Dabei haben wir einige nette Leute kennengelernt. Unter anderem einen deutschen Außendienstler einer großen Baumaschinenfirma, der uns gleich bei den ersten auftauchenden Problemchen an unserem Auto weitergeholfen hat.

Der Mann hatte eine komplett eingerichtete Werkstatt, in der wir folgende Arbeiten durchführen konnten:

Unsere Türen waren beidseitig an den Scharnieren eingerissen, was mir irgendwie bei der Überholung entgangen ist. Nach dem Einbauen der neuen Türdichtungen sind die Türen streng zugegangen. Ich schob das auf die neuen Dichtungen und dachte: „Das gibt sich!“ Es wurde aber schlimmer und je heftiger wir unsere Türen zuhauen mussten, desto mehr riss das Blech. Wir haben also geschweißt.

Außerdem haben wir einen gebrochenen Stecker des Lüfterrelais erneuert, das ging tatsächlich gerade so ohne Ausbau des Armaturenbrettes (unser hilfreicher Kontakt hatte tatsächlich dieses Stück Kabelbaum mit dem dicken 9,5mm Stecker in der Grabbelkiste und noch mehr T3 Kram).

Unsere Glühkerzen sind zu diesem Zeitpunkt auch nach und nach ausgefallen. Auch hier fanden wir in der Werkstatt unseres neuen Freundes Ersatz. Beim Zusammensuchen der Ersatzteile in den umfangreichen und vollen Regalen fanden sich auch zwei gut erhaltene Ausstellfenster. Die wollte ich sowieso gerne haben und so wurden wir uns einig. Ein richtiger Syncro ist halt nie fertig.

Außerdem baute ich unser Schiebetürschloss aus, um den Schließmechanismus nachzufeilen. Seitdem geht das Schloss bei Offroadbetrieb nicht mehr von alleine auf.
Zu guter Letzt haben wir die Frontscheibe nochmal herausgenommen und mit Mike Sanders wieder eingesetzt. Sie war trotz neuer Dichtung undicht.

Irgendwie gefiel uns die Ecke um Tarifa, wilde Natur und wilde Leute. Wir wären noch geblieben, aber die Wilden haben mir mein geliebtes Surfboard geklaut und das hat uns dann sozusagen weitergeschickt. Ich war natürlich selbst schuld, aber trotzdem, unter Surfern, sowas macht man nicht!
Jetzt hab ich ein schönes neues Board und wir sind keine 24 Stunden nach dem Diebstahl nach Marokko eingereist. Über den neuen Hafen Tanger Med, von Algeciras aus.
Ich habe einem von den Zöllner-Jungs beim Rumstehen und Warten sorglos erzählt, dass wir weiterreisen nach Mauretanien. Die Einreiseprozedur dauerte ca. eineinhalb Stunden. Dummerweise stand der mit dem ich plauderte als letzter vor der Schranke und schickte uns als „Transitler“ zurück und durch den Scanner. Uff, das hat nochmal zweieinhalb Stunden gedauert.
Tanken und Geldabheben kurz nach dem Hafen war kein Problem, gleich im ersten Dorf, selbst nachts um halb Zwölf. Diesel um 0.66 €, weniger als die Hälfte als in good old Dschörmänie. Portugal konnten wir dank Zusatztank ohne Tanken durchfahren, Diesel 1,49€, stellenweise 1,63€…

Nach Tanger sind wir zwei Tage die Küstenstraße nach Süden durchgefahren bis kurz vor Agadir, das Thermometer stieg dabei Anfang Dezember auf 950 km Strecke von 15 auf 22 Grad. Die Küstenstraße ist übrigens sehr schön, stellenweise direkt am Strand oder der Steilküste entlang. Die Hauptverkehrsstrecke geht ein paar Kilometer im Landesinneren und nimmt den ganzen Fernverkehr auf. Auf der kleineren Küstenstraße fährt man mutterseelenallein und hat die schönsten Stellen für sich. Das ist nicht überall so, aber es lohnt sich die Landstraßen dritter Ordnung zu suchen, wenn man denn die Zeit hat.

Die ersten drei Wochen danach haben wir uns so gut wie gar nicht bewegt. Wir standen in Taghazout, einem belebten Strand, auf einem „bewachten Parkplatz“, 2 Euro pro Nacht, dafür konnte man das Auto auch mal ne Weile ohne Befürchtungen alleine lassen. Das Wetter war perfekt, drei Wochen Sonne, blauer Himmel und gefühlte 25 Grad. Nur Wellen zum Surfen gabs keine…
Hier trafen wir auch Wolfgang aus der IG16 und Corvi aus Graz (das inoffizielle Bustreffen aus dem „Grüße aus Marokko-Thread“).
Corvi und sein Kumpel und der blaue Lufti waren übrigens lange und immer wieder mit dabei, hier und da sind sie eigene Wege gegangen und dann wieder dazugestoßen…

Jede Woche Mittwochs sind wir 5 km ins nächste Dorf, „Bananavillage“ gefahren und haben dort auf dem Markt leckeres Gemüse und Früchte eingekauft. Dort kostet zB ein Kilo Mandarinen unschlagbare 15ct, ein Kilo Tomaten 30 ct.

AdventAdvent

Kurz vor Weihnachten wurde uns dann ein bisschen langweilig und wir brachen auf nach Süden, zusammen mit schweizer Freunden und Ihrem 4×4 Mazda.
So richtig dynamisch war das allerdings auch noch nicht, wir stellten uns einfach 160km weiter südlich bei Mirleft an den Strand. Mal an diesen, mal an jenen…

An Silvester entdeckten wir die Rastaparty bei Tafraoute, die seit Jahren über Neujahr in den Bergen läuft, an einem Platz an dem ein französischer Künstler in den Achtziger Jahren 19 Tonnen blaue Farbe über riesige Granitmurmeln geleert hat (zufällig die gleiche Farbe wie unser Bus…:-)).

Die Party lief sechs Tage bei schönstem Wetter, tagsüber war es sehr warm, nur nachts fielen die Temperaturen auf 2-3 Grad aufgrund der Höhe von 1000m. Wir hatten jeden Abend Lagerfeuer, es gab Unmengen von Arganholz in den trockenen Flussbetten der Umgebung. Das Holz ist schwer und hart, brennt lange, duftet dabei lecker und würzte die Sardinen, die wir grillten. Und der Platz ist einfach wunderschön, wenn wir keine Lust auf Party hatten sind wir einfach stundenlang durch die Felsen geklettert oder durch die trockenen Flussbetten gewandert, haben Steine in unglaublich tiefe Brunnen fallen lassen (Stein fallen lassen, warten, ui, das dauert aber…ploufff…) und einfach die Stille genossen.

Wir waren mittlerweile zu sechst, die Schweizer und ein Paar, Sie aus der Schweiz und Er aus Brasilien. Auf meine Frage „von wo denn da?“ kam die Antwort: „Drei Tage mit dem Boot von Manaus (auf dem Amazonas).“

Wohl deswegen haben wir uns die nächsten Tage überwiegend von Fisch ernährt.

Nach ein paar Tagen kehrten wir an den Strand zurück, an eine Stelle, die uns ganz besonders gefallen hat. Ein menschenleerer Strand (soweit man in Marokko von menschenleer sprechen kann, da ist nämlich immer irgendwo irgendwer, nur da war halt extrem wenig los) mit einer sandigen, leicht erhöhten Stelle am Rand, auf die man hoch fahren konnte und die bei Flut vom Meer umspült war. Traumhaft!

Irgendwann wollten wir wieder Action und sind weiter nach Süden gezogen. Bei Sidi Ifni haben wir in einer Kakteenplantage auf einem Berggipfel mit Blick über viele Kilometer Küstenlinie übernachtet. Außer Kakteen wachsen da unten nur noch dorniges Gestrüpp.

Die Schaf- und Ziegenherden finden wohl immer noch Futter und gelegentlich gibt’s mal auch eine Dromedarherde.


Nach ein paar Tagen mussten wir zurück Richtung „Zivilisation“, unsere Autoversicherung lief aus. In Tiznit (130 km südlich von Agadir) haben wir diese für 90 Euro/Monat verlängert.
Zurück sind wir die 130 km am Strand entlang gefahren. Und auf der Klippe der Steilküste, immer am Wasser entlang.

hier ein paar Syncro-Suchbilder

Die Marokkaner lieben das Fischen und haben an diesem wie an jedem anderen Küstenabschnitt des Landes ihre Fischerhütten stehen. In diesem Fall nicht Hütten sondern Höhlen, in den weichen Sandstein gehauen, hunderte, vielleicht sogar tausende. Manche mit Klo, manche von Touristen zu mieten.

Wir hatten Glück und es waren hohe Wellen unterwegs. Es gibt ausgewaschene Stellen im Stein, Löcher im Stein, durch die die Wellen Wasser durchschießen lassen, wie bei Walen oder Geysiren schießt das Wasser in die Luft, begleitet von einem schaurig-schönem Grollen. Wenn man neben so einem Loch steht das einem Meter Durchmesser hat und eine Welle schießt eine zehn Meter hohe Fontäne da durch, das gibt ne schöne Gänsehaut, begleitet von einem Kribbeln in den Füssen…

Wir sind spät an dieser Stelle angekommen und haben übernachtet. Am nächsten morgen sind zwei junge Burschen auf der Klippe aufgetaucht, wir wussten zu diesem Zeitpunkt noch nichts von den vielen Höhlen unterhalb der Klippenkante. Jedenfalls saßen wir 15 Minuten später bei Tee, Fladenbrot und Olivenöl in der Höhle. Später gabs noch Muscheltagine und einige Höhlen-Baustellen-Besichtigungen.

Wir haben den ganzen Tag mit den Buben, Abdullah und Mohammed, verbracht. Sie konnten kein Französisch, wir kein Arabisch oder Berber, hat niemanden gestört…naja, gelegentlich gabs schon ein bisschen Stirnrunzeln. Sie haben sich sogar unsere Telefonnummer notiert und tatsächlich habe ich ein paar Tage später mit Abdullahs Bruder telefoniert, der kann Französisch und er hat uns im Auftrag seines Bruders angerufen. Wir mussten versprechen auf dem Rückweg nach Süden anzurufen und vorbeizukommen 🙂

Zu diesem Zeitpunkt war uns schon klar, dass wieder einige Arbeiten am Auto anstanden. Zur kurzen Erinnerung: wir hatten unseren Syncro in neunmonatiger Arbeit komplett überholt und sind direkt im Anschluss, fast ohne Probefahrt, zu dieser Reise aufgebrochen.
Dringendstes Problem: die Antriebswellen vorne schleifen an den Trailmaster-Dämpfern. Das äußerte sich erst nach einigen hundert Kilometern Piste, besonders bei Volllast in weichem Sand. Der rechte Vorderreifen fuhr sich einseitig außen ab. Ein Ölwechsel stand an.

Also zurück nach Agadir. Dort kennen wir uns ganz gut aus. Ich habe vor drei Jahren während eines siebenwöchigen Surfaufenthaltes unser Auto lackieren lassen. Ein Engländer betreibt in Agadir eine Autolackiererei und hat die Arbeiten sorgfältig und liebevoll durchgeführt. So wird man halt Freunde!

Wir fanden zuverlässige Mechaniker und haben die Hülse der unteren Federbeinlagerung mit der Flex gekürzt und vorne zwei Beilagscheiben eingelegt. Dadurch vergrößerte sich der Abstand zwischen Antriebswelle und Federbein auf 3 Millimeter.

Die Ursache des einseitigen Reifenverschleißes ist mir erst durch Nachdenken klar geworden (ich weiß, hätte ich auch gleich machen können). Wir haben rechts unser Reserverad am Heckträger und hinter dem rechten Schweller einen 45 Liter Zusatztank. Zudem haben wir unsere Wasservorräte (zum Teil 80-100 Liter) ebenfalls meist rechts verstaut. Und da ich den Stabi herausgenommen habe zwecks mehr Verschränkung, hing unser Bus nach rechts.
Wir fanden jemanden, der Sturz- und Spureinstellung sehr sorgfältig und kompetent kontrolliert/nachgestellt hat und haben umgeräumt. Seitdem hängt der schiefe Reifen am Reserveradträger und der Bus läuft geradeaus. Die Radumfangsdifferenzen (Reserverad+3 mm, schiefes Rad-3mm mit Bandmaß gemessen ohne Last) habe ich mittels Reifenstrich/Geradeausroll-Methode kontrolliert und per Luftdruck angepasst. Ich weiß ,da gibt’s sehr viele verschiedene Meinungen dazu, mal sehen, was ihr dazu zu sagen habt. Wir haben wirklich darüber nachgedacht, die Reifen zu erneuern, uns dann aber dagegen entschieden. Ja, ich habe alles dazu gelesen, was Bedienungsanleitung und Suchfunktion des Forums hergeben. Ich werde mich bemühen, im weiteren Verlauf der Reise nur noch Pisten und Offroad zu fahren ;-)) mehr Schlupf, weniger Verspannung…

Ein paar Infos/Meinungen von mir:

Die BFG MT KM 2 sind eher weich. Nach 10 000 gefahrenen Kilometern ist deutlicher Verschleiß festzustellen. Da wir unser Auto mit viel Dämmmaterial versehen haben, hören wir nur noch Reifen und keinen Motor mehr. Wir fahren aber selten schnell und somit ist das okay. Ich bin bisher noch nicht in den Grenzbereich der Haftung auf Asphalt vorgedrungen. Und trotz teilweise sehr steiniger Pisten gibt es kaum Ausbrüche, Beschädigungen oder ähnliches.

Im Sand habe ich mehrfach Luftdruck ablassen müssen, bin jedoch noch nie stecken geblieben, obwohl wir teilweise viele Kilometer durch hohe Dünen am Strand entlang gefahren sind. Der Sand war wohl eher fest.

In den Grenzbereich der Traktion sind wir auf einer extrem steilen und vom auftauenden Schnee völlig durchweichten Piste im Hochgebirge gekommen. Aber auch hier, kein Steckenbleiben, trotz teilweise 40 cm matschiger Schnee bei geschätzten 20% Steigung. Dazu Diesel-Asthma auf 3000 Meter Höhe…(erster Gang, Vollgas, Öl und Wasser rauf auf 120 Grad, Pause, weiter…)

Insofern bin ich mit den Reifen bis jetzt sehr zufrieden.
Ach ja, einen Plattfuß hinten links, ich glaube, das war ein Armiereisen, als wir über eine Baustelle abgekürzt haben. Eine Schlauchlos-Reparaturwurst reingezogen, aufgepumpt, dicht!
Die neue Visko ist im Sand oder Schnee spät dran, aber auf der Straße, einparken, wenden usw, unauffällig. Für die heftigen Offroadpassagen wäre eine harte Visko und ein ZA ein deutlicher Vorteil glaube ich. Nun, wir haben keinen ZA und ich wollte diese Erfahrung machen, und wie gesagt, so ein Syncrolein ist ja nie fertig…

Ein paar Worte zu dem nagelneuen Trailmaster-Fahrwerk.
Unser Bus hat fahrbereit ca. 2,4 t. Die Federn sind meiner Meinung nach für unsere Fahrweise, die gefahrenen Pisten und das Gewicht absolut okay. Höhe vorne und hinten Nabenmitte/Radlauf 50cm. Vorne ist der kleine Ring drin, hinten original, Alu unten, Gummi oben.
Die hinteren Stoßdämpfer sind unauffällig, die vorderen Stoßdämpfer sind völlig überfordert. Wir sind dabei aber vorsichtig und eher langsam Offroad und Onroad unterwegs.
Das Auto wippt mehrmals nach wenn Bodenwellen oder „Speedbreaker“überfahren werden, die Vorderräder verlieren schon mal den Bodenkontakt wenn man nicht genauestens aufpasst und entsprechende Unebenheiten extrem langsam passiert, ein sehr unangenehmes Fahrverhalten, zum teil richtig gefährlich.
Ich habe mal testweise nach einer eher zügig gefahrenen Piste die Hand an den hinteren und den vorderen Dämpfer gelegt. Hinten heiß, vorne lauwarm.
Ein weiteres Indiz, die vorderen Dämpfer tun ihre Arbeit nicht!
Das ist bis jetzt das einzige, was wirklich nach der Überholung des Busses schlechter geworden ist.
Ach ja, und unsere Kupplungshydraulik tropft etwas am vorderen Zylinder und zieht Luft, wir haben schon mal unterwegs entlüften müssen. Aber dazu später mehr.

Der Ladeluftkühler funktioniert, die Temperatur an der Ansaugbrücke gemessen beträgt bei hoher Last ca 60 Grad, bei geringen Geschwindigkeiten kann ich einen Lüfter zuschalten, auch da bleibt die Temperatur in diesem Bereich. Was wir noch nicht hatten sind extreme Außentemperaturen.

Ich musste nach Umbau der Ansaugluftführung (Einbau Luftladeluftkühler und Verlegung Luftfilter ins rechte Ohr, Einbau Temperaturfühler Ansaugluft und Ladedruckmesser, Wegfall des Überdruckventils der Ansaugluftbrücke) Einspritzmenge und Ladedruck neu einstellen. Ich hab jetzt bei Volllast auf der Straße und Piste 0,8 bis 0,9 bar Ladedruck und in extremen Sand , 2. Gang Vollgas bis zu 1,1 bar Ladedruck. Mir erscheint das ein wenig viel, was meint Ihr, wie habt ihr das gelöst( Motor+Pumpe AAz, Turbo Jx)

Exkurs Technik fertig – Reise weiter.

Nächster Plan, 600 km zurück nach Rabat, wir wollen nach Mauretanien und brauchen ein Visum.
Da wir die Küstenstraße gekommen sind, fuhren wir diesmal einen Schlenker durch den Atlas. Zuerst Luftlinie mit Kompass auf Feldwegen und Pisten, über Dörfer, Hügel und Täler, Stauseen und den ersten Wäldern. Später über Pässe und durch den Schnee.

Mandelblüte in den Tälern des westlichen Atlas

Auf keinen Fall wollte ich die asphaltierten Pässe N`Test und N`Tichka fahren. Auf unserer alten Karte waren aber keine anderen eingezeichnet, auf Google Maps auch nicht.

Der Zufall, dein Freund! Unterwegs auf einem kurzen Verbindungsstück Asphalt stoppten uns zwei junge Marokkaner. Panne, Auto kaputt, bitte eine Flasche Wasser zum Trinken und dem Onkel diesen Zettel mit Nachricht im 60 km entfernten Quarzazate überbringen. Haben wir gemacht.

Der Onkel war sehr nett, hat uns zum Tee gebeten, dort lag zufällig eine aktuelle Michelin-Marokko-Karte, die wir an den entsprechenden Stellen fotografieren durften. Er hat dann bestätigt, dass die Pisten-Pässe steil und abenteuerlich seien und uns abgeraten. Da kann ich nur sehr schlecht widerstehen…Außerdem stand da die magische Zahl 3000m daneben.


Das ist der Jebel M Goun, zweit höchster Berg Nordafrikas, knapp über 4000m, rechts davon wollen wir drüber…

Zwei Tage später sind wir bei Kaiserwetter die Südrampe des Tizi N`Hmed hochgefahren.

Das ist er: Tizi N`Hmed, über 3000m hoch

Hier sind wir oben auf der Passhöhe

Ein Blick auf die Nordseite: zu viel Schnee wir kehren um

Ich wusste, dass es mitten im Winter wahrscheinlich nicht geht, der Pass ist über 3000 Meter hoch und bevor man auf der anderen Seite runterfahren kann, kommt noch der Tizi N`Imi, der hat 2910 Meter. Aber sehen wollte ich es schon…
Wir sind tatsächlich bis 200 Meter unter die Passhöhe gekommen. Wir haben dann eine Motor-Kühlphase eingelegt, und während Rachidi mit leerlaufendem Motor und surrendem Kühler vor sich hinschnurrte, stiegen wir die letzten Meter zu Fuß auf. Es wäre schon noch bis hoch gegangen, trotz 40 cm Schnee, aber schon auf der Passhöhe hätten wir uns durch eineinhalb Meter Schnee schaufeln müssen. Und ab da lag in jeder Serpentine die ich von oben sehen konnte mindestens ein solcher Schneebatzen. Es war 14 Uhr und es waren einige Kilometer auf der 2800 Meter hohen Ebene zurückzulegen, bevor man dann die Nordrampe runterfahren kann. Schade, nächstes mal. Hat gejuckt da hochzufahren, als wir wieder runtergefahren sind, war das Jucken weg 🙂

Wir haben also den Bus in einer Serpentine gewendet und kurz die klare Luft und den strahlenden Sonnenschein dort oben genossen, da kamen zwei Marokkaner stolpernd und eilend über den Pass gekrabbelt und schnellstens auf uns zu.

Es stellte sich heraus, dass einer von beiden starke Zahnschmerzen hatte und die beiden schon länger zu Fuss da oben unterwegs waren, auf dem Weg in die 80 km entfernte Stadt, zum Zahnarzt.
Zur Erinnerung, wir standen bei 4 Grad im strahlenden Sonnenschein auf einem 3000 Meter hohen Pass auf der Südseite, die zwei waren Stunden oder Tage auf der Nordseite in mindestens 1 Meter Schnee mit pitschnassen Halbschuhen und wollenen Djellabas unterwegs. Das nächste Dorf war 20 km unter uns, und dort gibt es zwar Straßen, Autos haben wir aber keine gesehen. Wir waren die letzten 45 km alleine auf der Piste.

Ich war schwerstens beeindruckt allein von der Vorstellung, wo die beiden herkommen waren und was sie gemacht hätten, wenn die Syncrofahrer nicht so Verrückte wären, und die beiden waren schwerstens erleichtert, sich gerade stundenlangen Marsch durch die Dunkelheit mit nassen Schuhen gespart zu haben, und das mit Zahnschmerzen. Wir haben sie bis nach Keela M`Gouna mitgenommen und direkt vor dem Zahnarzt rausgelassen.
Ich habe angedeutet, dass morgen früh der Zahn gleich rauskommt (es war halb sechs abends) aber der Nicht-Zahnschmerzen-Mann sagte sehr ausdrucksstark „Sofort!!!“. Als ich da so stand, war ich schon ein bisschen stolzer Pfadfinder…

Das sind sie, die zwei marokkanischen Berglöwen

Am nächsten morgen kam Plan B, die sehr touristische Dades-Schlucht und anschließend über Imilchill auf die Nordseite des Atlas-Gebirges. Kurz zur Erklärung, der Hohe Atlas ist bis zu 4000 Meter hoch und teilt Marokko in einen feuchten, grünen Norden und einen trockenen, wüstenhaften Süden.

Dades-Tal

Tatsächlich war der direkte Weg auch dort zu geschneit und wir mussten über eine Piste quer rüber zum oberen Ausgang des Todra-Tales und konnten dort endlich, weit im Osten, das Gebirge überqueren.

Diese Bild ist der Beweis, dass die Blicke meiner Frau Eis schmelzen können: In dem Augenblick als sie auf den Auslöser drückte, fiel der prächtige Schneemann mit einem lauten Schmatzer um!
Es war übrigens wirklich ein Schnee“Mann“

Diese Strecke ist sehr touristisch erschlossen, das Verhalten der Einheimischen ist sehr fordernd, fast aggressiv, wir hatten das bis dahin noch nicht erlebt und waren ein bisschen erschrocken und froh als wir da durch waren. Ich möchte nicht über die Bewohner dieses Teiles von Marokko urteilen und mir ist klar, dass wir, die Touristen, das verursachen was wir wahrnehmen.

Ich komme mir schon wie ein Weichei vor gegenüber diesen Menschen die da oben auf zwei bis dreitausend Metern Höhe leben, ohne Heizung, Holz gibt’s da oben keins, Wasser fließt im Bach. Die Mädels standen barfuß im Bach zum Wäschewaschen, ist ja schon Anfang Februar und der Schnee schmilzt ja schon von 11.30 h bis 14.30 wenn die Sonne scheint .

Naja, uns war es eiskalt und unser Hund kann nur Autofahren wenn Sie die Schnauze aus dem Fenster hält. Überhaupt mögen meine beiden Mitfahrerinnen keine Heizungsluft, also Jacke und Mütze an!

Auf der Nordseite des Atlas trafen wir jemanden, mit dem wir so nicht gerechnet hatten und den Ihr auch gut kennt, den Herrn Kältewelle aus Europa oder Sibirien oder wo auch immer der gerade herkam. Auf der Südseite saßen
wir vor zwei Tagen auf dreitausend Metern in der Sonne bei 4 Grad und es war angenehm, jetzt fuhren wir bei 9 Grad und Nieselregen durch die Ausläufer des Gebirges und die Kälte zieht den heizungslosen Buscampern durch die Knochen, aber wir haben das ja so gewollt!

Es war Mittwoch Abend und wir wollten unbedingt Donnerstag früh das Visum in Rabat beantragen (und Freitag Mittag abholen), kein Problem, sind nur noch drei Stunden bis Rabat…ein bisschen Nachtfahren geht schon. Wir haben zwar keine Zusatzscheinwerfer aber immerhin die guten 100 Watt Ralley-Birnchen.
Innerhalb von 15km sahen wir dann zwei Unfälle, beim zweiten standen wir dann noch zweieinhalb Stunden im Stau, ein LKW war zu schnell durch die Kurve und umgefallen. Aber wir waren unbelehrbar und wollten immernoch bis Rabat durchfahren, da ging uns eben 40km nach dem Stau plötzlich am Stadtrand irgendwo im nirgendwo das Kupplungspedal durch. Ich konnte noch rechts in eine Wohnstrasse ausrollen, es war halb elf, Schlafenszeit für ordentliche Busbewohner.

Morgen suchen wir Kupplungsgeberzylinder und ihre Gummis.

Es war kalt und regnerisch und Katharina hat ein bisschen erschrocken geschaut, aber immerhin, wir waren in einer Stadt in der Ebene und nicht im Hochgebirge auf 2500 Meter. Nicht so schlimm.
Und die Marokkaner kriegen immer irgendwas zusammengebastelt, bis Rabat oder Casablanca hält das schon.

Am nächsten Morgen gegen halb zehn mit dem Taxi 3km ins Zentrum von Qued Zem, dann wurde ich durchgereicht. Jeder wusste was, wollte helfen, kannte wen. Ich hatte den Geberzylinder ausgebaut und nach einer dreiviertel Stunde Rumlatschen von Garagenwerkstatt zu Garagenwerkstatt und Teileladen zu Teileladen hatte ich neue Gummis in der Hand und um zwölf habe ich angelassen und im Stand zur Probe durchgeschalten. Geht.

Abends standen wir vor der Mauretanischen Botschaft, welche praktischerweise fast direkt an der Straße liegt, welche wir nach Rabat reingefahren sind, wie auch der königliche Palast und auch der königliche Golfplatz.

Naja, am nächsten Morgen, Freitag, als wir unsere Unterlagen eingereicht hatten, sagte man uns, doch bitte am Dienstag wiederzukommen, Montag ist Feiertag. Der Parkplatzeinweiser/Straßenkehrer-Schlitzohr-Marokkaner hat uns dann, als wir gerade am einsteigen waren, angeboten, er kenne jemand und gegen 120 Euro könne man sein Visum am gleichen Tag kriegen. Das ist nix für uns, wir warten, auch wenns kalt ist!

Apropos kalt, das arabische Wort für kalt ist brrt. Lustig, gell.

Die letzten zwei Tage waren wir bei Freunden in Casablanca, DIE Metropole in Marokko, groß, teuer, laut, schnell (rennende erwachsene Afrikaner sieht man nicht so oft!!), voll, Staus ohne Ende, McDonalds, Shopping-Malls, usw.

Und, natürlich, Kupplungsgeberzylinder! Und sehr leckere Pizzas.

Wir konnten unseren Hund nicht mit in die Wohnungen unserer Freunde mitnehmen, bzw. nur auf deren Balkon, und haben deswegen auf der Straße im Bus übernachtet. Habe ich schon erwähnt, dass wir unseren Bus sehr lieben. Schließlich ist er unser Haus!

Jedenfalls kamen wir gegen eins in der Nacht nach einem netten Abend aus der Wohnung unseres Freundes und an der Kreuzung wo unser Bus stand lief ein Fußballspiel! Halbwüchsige in richtigen Fußballschuhen haben richtigen Fußball gespielt, auf der Kreuzung, nachts um eins…so richtig mit Rennen und Grätschen und schreien, nicht nur bisschen kicken.

Ich mag sie, die Marokkaner, ein bisschen verrückt, sehr tolerant, sehr neugierig und trotzdem respektvoll, geschäftstüchtig und trotzdem entspannt, schlitzohrig und sportlich, ups, jetzt hab ich doch noch geurteilt…

Wir haben direkt daneben geschlafen, eigentlich haben sie um uns rum gespielt, ich weiß nur noch, dass ich die Augen zu gemacht habe und dann nix mehr.

Und jetzt, wir stehen auf einer kleinen Düne am Strand, zwischen den großen Städten des Nordens, und warten auf unser Visum.

Der Platz ist ein bisschen magisch, es gibt einen Wald direkt hinter der Düne, die Bäume wachsen horizontal statt vertikal und duften dermaßen nach Nadelbaum das man beim aussteigen aus dem Bus das ätherische Öl auf der Zunge hat (schmeckt wie früher als man als Kind beim Baden in der Wanne was von dem Fichtennadel-Badeschaum-Wasser in den Mund gekriegt hat).

Tagsüber teilt sich Herr Kältewelle mit Herrn Afrikanische Sonne die Arbeit, das geht sich aus…

Schön, danke Marokko!

8 Kommentare zu Marokko aus der Mitte

  1. sarah sagt:

    hallo ihr süßen!

    ja, hier ist es seit ein paar tagen wirklich bitterkalt und heute schneit es mal endlich.

    was soll ich sagen..schön von euch zu hören, und eure berichte oder links anzuschaun und zu lesen♥♥
    bis bald..lgsarah

  2. OmaMaPa sagt:

    Hallo ihr Beiden,
    Oma ist wieder bei uns So-Mittagessen und fragt eben, wo ihr seid. Schon auf dem Weg nach Mauretanien?
    sg
    Pa

  3. markus b aus r sagt:

    hey ihr afrikaner,
    hier bricht langsam der frühling durch.
    @vladi: brauche noch nen tourguide für die piatour 2012… 😉
    ganz liebe grüße
    markus

  4. jens sagt:

    Hallo ihr Glücklichen.
    kaum sind wir eine Woche von einer einjährigen Afrikareise zurück, ertappe ich mich dabei, wie ich schon wieder auf Fernweh-seiten surfe…
    Falls ihr wissen wollt, was auf so einer Tour alles an einem Syncro kaputt gehen kann, dann schaut mal bei uns vorbei.
    Viel Glück und pannenfreie Fahrt.

  5. MatzeD sagt:

    Hallo,

    gehört zwar nicht zum Fred, aber für den Fall, die internationalen Nachrichten gehen an euch vorbei:

    Militärputsch in Mali, Städt im Norden durch Tuareg Rebellen eingenommen, Grenzen geschlossen

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,825125,00.html

    Sichere Reise

    Matze

  6. Martin sagt:

    Hallo Ihr Lieben,

    schon lang nichts mehr von euch gehört.Hab auch schon versucht euch anzurufen. Wie gehts euch ? Meldet euch mal!

    Gruß Martin

  7. Philipp sagt:

    hey, schöner Reisebericht!
    Ich bin auch gerade an der Südküste von Marokko unterwegs und überlege hier mein Auto lackieren zu lassen. Hast du vielleicht einen Kontakt oder Email von dem englischen Autolackierer in Agadir?
    Danke und schöne Grüße aus Sidi Ifni

Schreibe einen Kommentar zu Martin Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert